Am 7. November 1922, einem Dienstag, meldete Heinrich Putsch in Nürnberg sein Gewerbe als kaufmännischer Vertreter an. Der Gründer handelte hauptsächlich mit Zellulose-Azetat, einem pflanzenbasierten Kunststoff. Ein Jahrhundert später ist sein Enkel Peter Putsch mit dem Team der Exipnos GmbH zu diesen Wurzeln zurückgekehrt. In Merseburg (Sachsen-Anhalt) erforscht und produziert das Tochterunternehmen der Putsch GmbH seit fünf Jahren auch moderne biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe.
Aus den Anfängen, die Heinrich Putsch seit den 1920-er Jahren gelegt hatte, entwickelte sein Sohn Christian Putsch die Firma nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem
florierenden Handelshaus. Das belieferte insbesondere fränkische Unternehmen der Brillen-, Spielwaren- und Heimgeräte-Industrie mit Kunststoffen. In den 1980er Jahren begannen
die Experten der Putsch GmbH erfolgreich, eigene Rezepturen im Kundenauftrag zu designen. Bald halfen sie auch mit, Maschinen und Anlagen für die
Kunststoffherstellung zu optimieren. In den 1990er Jahren wurde schließlich die erste eigene Fertigungslinie für maßgeschneiderte Compounds auf dem Firmengelände in
Nürnberg-Boxdorf in Betrieb genommen. Mit den hier gefertigten Qualitätsprodukten überzeugte die Putsch GmbH Kunden in ganz Deutschland und darüber hinaus. So fanden sich
Compounds "made by Putsch" bald in den Fahrzeugen vieler deutscher Automobilhersteller.
2009 bündelte Peter Putsch, Firmeninhaber in dritter Generation, sämtliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in der eigens dafür gegründeten Firma
Exipnos. Das Tochterunternehmen siedelte der Geschäftsführer im Mitteldeutschen Chemiedreieck an, "weil uns das Innovationsnetzwerk in der Region begeisterte",
wie er verrät.
In Merseburg (Sachsen-Anhalt) entstanden in den folgenden Jahren zahlreiche Innovationen wie zum Beispiel PP-mid (Kunststoffe mit integrierten Leiterbahnen) oder die Direktcompoundiertechnologie DCIM. Darüber hinaus gehörte Exipnos zu den Vorreitern bei der Erforschung und Fertigung von Kunststoffen auf
pflanzlicher Basis, die ähnlich wie Holz von Mikroben zersetzt und dadurch wieder Teil der natürlichen Kreisläufe werden können.
Seit 2021 koordiniert das heute 15 Mitarbeiter zählende Team um Peter Putsch mit RUBIO zudem eines der europaweit größten Forschungsprojekte zu Biokunststoffen
mit einem Investitionsvolumen von rund 17 Millionen Euro. Für den Vater von fünf Kindern ist das Verbundvorhaben zur Entwicklung von Bio-PBS (biobasierter Polybernsteinsäure) nicht nur "ein
vielversprechender Ansatz, einige der größten Probleme der Menschheit lösen zu helfen". Es sei zugleich eine Reminiszenz an den Firmengründer Heinrich Putsch und seine
Zeitgenossen, "für die Erdöl als rohstoffliche Basis der gerade entstehenden Kunststoffindustrie noch keineswegs gesetzt war".